25 Jahre Mauerfall

Morgen ist es wieder so weit, unsere Halbdelegierten und Privilegierten quasseln uns wieder mindestens eine Woche lang zu mit dem geschichtsträchtigen Mauerfall. Nachdem ja schon das Jubiläum zur deutschen sogenannten “Einheit” vor einem Monat zelebriert wurde – natürlich mehr oder weniger eben nur von oben genannter Gruppe und deren willfähriger Lakaien im offiziellen Rahmen, darf nun der Klampfenbarde Biermann im Bundes-Kabarett-tag rumgröhlen und und rumnölen. Zur Feier des Tages, wie es so schön heißt.

Ob die Banausen im Berliner Regierungsviertel jemals auf die Idee kommen, dass den normalen Durchschnittsbürger dieser Tag überhaupt bis gar nicht interessiert? Die überhaupt froh sind, Wochenende zu haben oder viel wichtiger noch, Arbeit zu haben? Da sind solche Feiertage eher unwichtig und ob die das in Berlin nun zelebrieren oder in China der Sack Reis… Immerhin ist es wichtig genug, um in allen Medien erwähnt zu werden als willkommene Ablenkung zu dem anderen Schnodder. Schön, wenn man sich von allen Medien fernhält, um nicht von der gutmenschlichen Welle überrollt zu werden, in der dann wieder behauptet wird, es wäre alles soooo schlecht gewesen. Es war nun wirklich nicht alles gut und schön, aber eben auch nicht alles schlecht.

trennlinie

Auch wenn man sich 25 Jahre zurückerinnert, wie man da vor den Nachrichten der “Aktuelle Kamera” saß und das Geschehen als halber Sitzriese mehr oder weniger desinteressiert verfolgt hat, weil man die Tragweite des Geschehens nur halb begreifen konnte. Während die Mutter nur in ihren nicht vorhandenen Bart nuschelte “Jetzt wird alles anders”. Ja, es wird alles anders und es wurde alles anders.

Wir haben nun die Freiheit zu reisen, wohin mal will. Natürlich nur unter dem Blickwinkel, dass auch das nötige Taschengeld dafür vorhanden ist. Nach dem Mauerfall ist der Osten eingefallen und zwar in den Westen. Mit staunenden Gesichtern stand ein kleiner Thälmannpionier im Supermarkt und begaffte die Regale mit all den Süßigkeiten, die Auslagen vor der Kasse, Chrom, Glas und Stahl in den Bauweisen der Supermärkte und freute sich einen Keks, weil es eben jenen gab. Kurz danach wanderten Halstuch und Hemd in den Schrank, ganz hinten, unten in der Ecke. Vergraben, um später nur noch als Souvenir hervorgeholt zu werden, als Erinnerung an “damals war´s”.

Und was macht man mit der neu gewonnenen Reisefreiheit in ferne Länder? Schon kurz nachdem man sich diverse Ziele jenseits des ehemaligen eisernen Vorhangs beguckt hatte, wird der Urlaub doch wieder nur in heimischen Gefilden abgehalten. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute ist so nah. Andere Länder, andere Sitten. Doch was nutzt die Erkenntnis dessen, wenn man mit diesen nicht klar kommt. Und man es nicht einmal schafft, in der neuen Heimat alles Sehenswerte abzuklappern, weil einfach nur die Zeit fehlt.

Was haben wir denn schon mit dem Mauerfall und danach mit der Wiedervereinigung besetzter Gebiete erreicht? Gut, man ist jetzt nicht mehr unter kommunistisch-sozialistisch-menschen verachtenden Herrschaft, nun ist man ein Sklave der kapitalistisch-ausbeutenden-menschen verachtenden Herrschaft. Das ist der Punkt, an dem man nüchtern festgestellt: Es ist nicht alles Gold was glänzt. Und auch eine Chrom- Glasfassade kann nicht den ganzen Moder verbergen, der dahinter stattfindet. Weder in Deutschland noch in den Heimatländern der anderen Besatzungsmächte.

Der Kommunismus hat zumindest in Europa versagt und hat dem Kapitalismus Platz gemacht. Der kalte Krieg ist vorbei, die Grenzen offen – doch die Mauern in den Köpfen höher denn je. Jeder denkt nur noch in seinem Bereich, in seinen eigenen Grenzen. Ein Weitblick fehlt, auch wenn man nun alles erblicken könnte – dank dem Mauerfall. Ein Blick zurück ist nicht immer von Vorteil, aber wirklich nicht immer ein Nachteil.

Manchmal wünscht man sich die Mauer zurück. Wieder daheim, geborgen, abgeschottet von der bösen Welt. Vielleicht sollte darin etwas anders sein, nicht so wie vorher. Manchmal baut man sich aber auch seine eigenen Mauern, um sich abzuschotten. Vielleicht nicht der bessere Weg, aber zumindest ein Weg.

Dieser Beitrag wurde in Bürakraten-Irrsinn, Gedanken, Geschichtliches, Medialer Auswurf, Schwafelecke, Tagespalaver geschrieben und mit , , , getaggt. Speichere den Permalink.

Kommentieren beendet.