Medien, Blogs, Meinungen und Böcke

Was sind Blogs eigentlich? Nicht mehr und minder als Tagebücher, in denen man online Erlebtes, eigene Meinungen und Ansichten, Statements zu aktuellen oder vergangenen Tagesthemen mit mehr oder weniger professionellem Hintergrund preis gibt. Mittlerweile hat auch der Kommerz Einzug gehalten und jede Firma, die was auf sich hält, stellt ihre Produkte vor, manch einer mag sich noch ein Nebenbrot verdienen, in dem er/sie/es mit Kosmetika-Bewertungen und dementsprechenden Angeboten auf sich aufmerksam macht. Autoren stellen Auszüge ihrer Arbeiten vor, Grafiker und Designer ebenfalls – um wirksam und öffentlich auf sich aufmerksam zu machen.

Nein, die große Welt der Bloggerei ist mittlerweile über den Status des Tagebuches hinaus, es ist mittlerweile ein Instrument, ein Instrument, das Meinungen macht, subjektiv und gelegentlich auch objektiv betrachtet. Ein offizielles Vorkommnis mit Statements persönlicher Natur, dass Meinungsbildend ist und allmählich die Kolumnen der Tageszeitungen ablöst. Die Zahl der Blogs steigt ständig, wobei für einen nicht unerheblichen Teil immer noch der persönliche Status des Tagebuches wichtig ist. Doch wird gern auch die Macht der Blogger über- wie auch unterschätzt.

Im Blog “denkbonus” wurde letztens der Wert der Blogs versucht zu erklären, vielleicht auch etwas übertrieben, wenn man dabei die meinungsbildenden Medien gleich setzt.

“Viele Autoren gerade auch kleiner Blogs leisten mehr zur Aufklärung und politischen Willensbildung in diesem Lande als ihnen bewusst ist.”

Diese Überschrift ist im Grunde alles sagend und sagt auch nichts. Sicher, nach den letzten Ereignissen des abstrusen politischen Alltags in Deutschland, Europa und der Welt – ohne auf Einzelheiten eingehen zu wollen – wenden sich immer mehr Zeitungsleser ab von ihren Papieren, die für sie mal die Welt bedeutet hatten. Es wird darauf eingegangen, dass die Auflagen der Tageszeitungen, Wochenzeitungen und anderer Schmierblätter stark zurück gehen, obgleich die Zahl der Blogs stetig steigt und richtungsweisend kritisch sich mit dem Alltag beschäftigen. Njein. In kleinem Maße mag es stimmen. Doch den Rückgang der Auflagen von Printmedien mit der zunehmenden Macht der Blogger gleichzusetzen ist doch etwas weit über das Ziel hinaus geschossen.

Gewiss, und die Zahlen belegen es ja, die Auflagen der Printmedien gehen zurück. Aber ebenso steigt auch die Zahl der Online-Medien sowie die Nutzer derselben. Warum eine Zeitung schleppen, wenn man die aktuelle Ausgabe bequem per Handy oder Tablet lesen kann? So wird es schon plausibler. Und wer sich absolut nicht per Internet informieren möchte, schaut immer noch die meinungsbildenden Sendungen der angeschlossenen TV-Sender oder hört auf das Geschwätz aus dem Dudelkasten, genannt Radio. Und diese Medien sind für den einfachen Durchschnittsmensch eben einfacher zu konsumieren, weil der Denkapparat nicht zu viel auf einmal verarbeiten muss, weil die Meinung schon vorgegeben ist.

Dass aber sowohl die Onlineausgaben als auch die Printversion eines Medienkonzerns in die Kritik geraten können, und zwar dies auch sehr extrem, hat der Spiegel bewiesen. Nach der vorletzten Ausgabe gab es massiv Proteste, als “Stoppt Putin jetzt” nicht nur in der Bloggerwelt einen Sturm der Entrüstung entfachte, sondern auch die Kommentarfunktion im Spiegel online deaktiviert wurde aufgrund massenhafter Beschwerden – die ja lustigerweise von bezahlten russischen Studenten geschrieben werden, so stellen es ja die Redaktionen dar – und nicht zuletzt auch eine kleine Demonstration zur Folge hatte, in Hamburg direkt vor dem Spiegelhochhaus. Aber, und das vergessen viele:

Ein paar hundert Demonstranten, 20.000 Blog-Leser und Schreiber sind noch keine Macht. Das sind für Politik und Medien nur ein paar geistig Verwirrte. Ebenso wie die bundesweiten Friedens – Mahnwachen. Solange nicht mindestens die Hälfte des gesamten Volkes auf der Strasse ist, sind das nur kleine Mückenstiche für die Medienkonzerne und die Politik. Lästig, aber wirkungslos. Und solange es noch Tausende und Abertausende gesättigter Bürger gibt, die lieber dem Heute Journal oder einer, wie es so schön heißt, etablierten Zeitung vertrauen, wird es nicht mit einem massiven Aufschrei. Es reichen keine 100 Blogger mit einer großen oder kleinen Leserschaft. Es reicht auch keine Kritik an den Medien, die diese dazu bewegt, die Kommentarfunktionen zu deaktivieren. Es reicht keine kleine Demonstration – die bekommen nur ein zufällige Spaziergänger mit. In den großen Medien wird sowas gern totgeschwiegen. Gewiß, es gärt und brodelt gewaltig. Aber noch ist der Deckel auf dem Topf, der ein Überlaufen verhindert und diesen gilt es zu entfernen. Und auch wenn ein viel gelesenes Blog wie die nachdenkseiten sich mit diesem Thema beschäftigen, so ist das noch keine Garant dafür, dass der Großteil der Bevölkerung auch verstanden hat, worum es wirklich geht.

Ein Beispiel für die Qualität der Printmedien und deren Ableger, der Online-Medien, machte im Freundeskreis die Runde beim diesjährigen M’eraLuna – Festival. Man nehme einen herausstechenden Gothic, der sich gut von allen anderen abhebt, ein Bild in der Nachbearbeitung etwas retuschiert, damit es fieser und publikumswirksamer erscheint und schon wurde einem Gothic nicht nur sein tatsächliches Äußeres genommen, sondern gleich eine neue Herkunft gegeben, eine neue Identität und ein neuer Beruf. So ist das, wenn sämtliche Journalisten ihrer einzigen Quelle vertrauen – der dpa (Deutsche Presse Agentur), anstatt selbst zu recherchieren. Und mal ehrlich, wenn schon bei einem Gothic-Festival, was nun wirklich absolut ungefährlich für die etablierte Presse ist, eine differenzierte und sauber recherchierte Berichterstattung nicht möglich ist, wie soll man denen nun im aktuellen Tagesgeschehen noch vertrauen?

Viele Blogger haben in ihren Posts mehr oder weniger gut dokumentiert gewisse Aussagen der Presse widerlegen können. Aber auch wenn einige Blogs, oder unabhängige Nachrichtenmagazine Beweise oder zumindest Quellen angeben können, wer in der Ukraine nun welches Flugzeug abgeschossen hat, so sind die Printmedien mit ihrer Standard-Quellenangabe DPA zur Stelle. Und die gibt ihre Quellen wenn, dann auch nur widerspenstig preis. Und diese dürfen nur angemeldete Journalisten oder Verlage einsehen, denn die DPA ist nur ein Wegbereiter für die seriösen Journalisten, die dann deren Auskünfte abschreiben dürfen. Und das sieht man immerhin in der Qualität der Nachrichten: unsauber recherchiert, einseitig und von Objektivität und/oder Neutralität keine Spur. Und so wird gern der eine oder andere Bock geschossen, nennt man dann Kollateralschaden. Nur zu dumm, wenn damit die Herde ausgedünnt wird – die Herde der potentiellen Käufer.

Quellen:

  • Bild online - Beitrag zum M’eraLuna
  • denkbonus - hier bitte auch die Kommentare beachten, sie sind sehr vielsagender als der Blogtext an sich – zur Macht der Blogger
  • Nachdenkseiten – an den Spiegel gerichtet

 

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3 Responses to Medien, Blogs, Meinungen und Böcke

  1. Maxx sagt:

    Ja, seh ich grundsätzlich auch so wie du, Dark Lord. Der Rückgang der Auflagenzahlen der Printmedien hat verschiedene Gründe, wobei freie Blogs eher eine untergeordnete Rolle spielen. Blogs erfüllen ja auch ganz verschiedene Zwecke, wie du auch schriebst, und werden die großen Medien nie ersetzen.
    Auch kann man beim besten Willen nicht (wie es der denkbonus-Blogger versucht) beim Vergleich der Leserzahlen die verkaufte Auflage eines Nachrichtenmagazins mit der Zahl der Seitenaufrufe (Page Impressions) eines Blogs gleichsetzen. Aus meinem Bekannten- und Freundeskreis liest, soweit ich weiß, keiner irgendwelche Blogs oder Foren (nicht mal die bekanntesten), aber jeder kommt täglich in Kontakt mit Mainstream-Medien und würde auch nach einer in der U-Bahn, Tram oder der Arztpraxis herumliegenden Zeitung oder einem Magazin greifen. Die meisten Menschen werden offline beeinflusst. Leute glauben den Medien und Personen, die sie kennen.
    Blogs sind letztlich nur private digitale Pinnwände, weltweit verfügbare kleine schwarze Bretter, weitgehend ignoriert von der Masse der Menschen, die mit Kopfhörern auf den Ohren, die Augen fest aufs Smartphone gerichtet, in gebückter Haltung vorbeitrotten…